Hallo Gaby,
die Situation mit Zoff mit der Familie, den Kollegen und jedwedem, der im Supermarkt zu eng hinter einem steht kennt wohl jeder hier aus seiner Entzugszeit.
Nie wird der Begriff Trennung so oft geäußert wie in den ersten Tagen.
Das liegt nicht daran, dass die Sachen, über die Du Dich ärgerst keine Grund dafür böten. Man wird deutlich dünnhäutiger - die einen brechen heulend zusammen, die anderen suchen die nächste Kettensäge um den Worten Gewicht zu verleihen. Und man kann nicht mehr so leicht sagen "Killefitt - weiter gehts!".
Du bist derzeit nicht in der Lage, das Ausmaß eines Ärgernisses richtig einzusortieren; durch das Mikroskop namens Entzug gesehen kriegen Mücken ziemlich elefantöse Ausmaße.
Dich ärgert es, dass Dein Mann sich so großkotzig benimmt was das NMR angeht - er kann aber kaum anders.
Er hat erzählt, dass er das ja soooo problemlos hinbekommt, und schafft es nicht.
Du dagegen hast Deine Angst es nicht zu schaffen so offen gezeigt, und packst das!
Er ist also nicht der starke Beschützer der Familie und coole Held, als der er sich (wie wohl jeder Mann) gerne sehen würde, sondern er sieht seine Schwäche Dir gegenüber.
Er fühlt sich bloßgestellt, minderwertig.
Und reagiert natürlich erst einmal abwehrend.
Deine Aufgabe ist derzeit nicht leicht - Du bist selbst angefressen; Dich dabei zurücknehmen ist nicht leicht.
Du darfst aber seine Aggression nicht aufnehmen - das hilft nicht; es ist jetzt nicht leicht den richtigen Ton zu treffen.
Du darfst Dich nicht zu cool durch den Entzug bewegen - das würde ihn nur weiter deprimieren, genauso wie ein -auf ihn überheblich wirkendes- Angebot, ihm zu helfen oder alle gut gemeinten Tipps.
Was Du machen kannst ist, ihm zu zeigen, wie sehr Dich Dein eigener Entzug mitnimmt; wenn Du ihm Tipps geben möchtest kannst Du sie auch verpacken in "ohne die Salzbrezeln wär' ich schon längst Amok gelaufen!". Er wird dann 1. sehen, dass er auch nicht soooo viel schwächer ist als Du, und könnte durch die Schulter zum Anlehnen -die Du tatsächlich gebrauchen könntest- auch wieder als Dein Beschützer dastehen.
Weil: er bedeutet Dir doch noch einiges, sonst würde Dich sein Verhalten doch kalt lassen.
Halt die Ohren steif,
Rainer.