Überlege sogar, den großen Tag vorzuverlegen.
Ja, was soll ich sagen. Wenn’s mal zu gut läuft. War die letzten beiden Tage raus. An Aufhören nicht zu denken. Es trat das ein, wovon ich schon kurz berichtete. Der Familienfrieden war massiv im Eimer und damit kann ich überhaupt nicht umgehen. Ein altes Problem. Ich habe drei Töchter (14, 15 und 18). Die Große und die Kleine waren früher, ich sage mal, ‚normal‘ miteinander, wie Geschwister eben so sind. Sie haben sich überwiegend gut verstanden, aber auch ausreichend gezankt. Seit ca. 3 Jahren ist der Wurm drin, das Verhältnis total gestört, warum, weiß keiner. Es ist nichts vorgefallen. Die Große fühlt sich von der Kleinen ständig genervt, die pure Anwesenheit führt zu wüsten Beschimpfungen und üblen Beleidigungen. Anlässe sind meist nichtig. Unordnung, Unpünktlichkeit, ein unüberlegter Kommentar. Das Verhalten der Großen meist völlig überzogen. Wir kriegen sie nicht eingefangen.
Die Kleine war zunächst tieftraurig über diesen Zustand, hat oft geweint. Jetzt mitten in der Pubertät wehrt sie sich und nicht zu knapp. Die drei Mädels haben oben eine Etage für sich mit einem Bad. Durch unterschiedliche Unterrichtszeiten kommen sie sich Gott sei Dank wenig in die Quere. Vorgestern schon und die Katastrophe nahm ihren Lauf. Wir versuchen, ruhig zu bleiben, das kostet aber ein Übermaß an Kraft. Die Große geht auch uns heftig an, ist kaum zu bändigen. Sie hat einen weichen Kern, aber ihre Worte in der Wut sind eiskalt und kaum zu ertragen. Voller Hass und Hohn, Sarkasmus und messerscharfer Ironie. Zutiefst verletzend und provokant bis zum geht nicht mehr. Manchmal hat sie recht, zumindest dem Inhalt nach, und manchmal eben nicht. In jedem Fall ist die Art und Weise, wie sie dann kommuniziert, nicht gerechtfertigt.
Mein Mann und ich haben beide ein Problem mit ihrer offensichtlichen Respektlosigkeit. Wären wir mit unseren Eltern so umgesprungen. Undenkbar. Ich will es gar nicht ausführen. Wir bemühen uns schon immer um gute Kommunikation, sind damit immer gut gefahren. In den geschilderten Situationen ziehe ich mich eher zurück, mein Mann fängt früher oder später das Toben an und wirft mit wilden ‚Konsequenzen’ um sich. Das hat in 100 % der Fälle auch zum Streit zwischen meinem Mann und mir geführt.
Die Kleine ist sehr empathisch, lässt sich aber nix mehr gefallen. Das reizt zusätzlich. Heute hat es wieder gescheppert. Die Große fährt seit Anfang April selbst zur Schule, die Kleine war ihr heute wieder nicht schnell genug fertig. Es folgte ein Wortgefecht. Ich hatte wieder den Horror, dass die beiden im Auto weiterstreiten und bat meinen Mann, die Kleine selbst zu fahren. Mein Puls in der Höhe, mein Herz gerast, auf dem Weg zur erneuten Nervenkrise. Ich war in den letzten beiden Tagen kaum fähig, meinen Pflichten nachzukommen. Ich kann diesen Dingen nicht ihren Lauf lassen. Auch Meditation hilft dann nur mäßig. Bin dann einfach nur erschöpft und traurig.
Ich komme aus einer schlecht funktionierenden Patchworkfamilie, permanenter Streit und Spannungen haben mich von frühester Kindheit an begleitet und auch mein Leben bestimmt. Bis heute. Keine Ahnung, wie oft ich auf gepackten Koffern saß, versucht habe, bei den Eltern zu vermitteln, zu schlichten. Irgendein Therapeut hat das Verhalten meiner Eltern mal als Kindesmissbrauch bezeichnet und er hatte recht. Diese Harmoniesüchtigkeit hat durchaus ihren Ursprung.
Das Mal zur Situation.
Werde trotzdem mein Ziel verfolgen. Euer Rückhalt hat zumindest die Angst genommen. Ich gehe das an.