Schleswig-Holstein
Raucher klagen auf Kostenübernahme für Entzug
Quelle: Ärzte ZeitungQuellendetails
Entzug auf Kassenkosten: Der Hausarzt Dr. Ulf Ratje aus Eckernförde erlebt den oft vergeblichen Kampf von Kettenraucher gegen ihre Sucht hautnah.
Ratje fordert mehr Hilfen der GKV für Nikotinsüchtige.
Raucher aus Schleswig-Holstein wollen gerichtlich durchsetzen, dass ihr Entzug von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird.
Bislang zahlen Krankenkassen Kurse nach Paragraf 20 SGB V – dies fällt unter Prävention und ist nach Ansicht von Hausarzt Dr. Ulf Ratje nicht für süchtige Raucher geeignet.
In Ratjes Praxis in Eckernförde kommen Patienten, die seit ihrer Jugend rauchen.
Inzwischen sind sie seit Jahrzehnten Kettenraucher, haben mehrere gescheiterte Versuche, die Sucht zu überwinden, hinter sich.
„Solche Patienten sind nikotinsüchtig“, steht für Ratje fest. Rund 40 solcher Patienten hat er in seiner Praxis.
Zwei von ihnen haben vor dem Sozialgericht Schleswig bereits Klage eingereicht, weitere werden folgen.
Ratje ist stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Nikotin- und Tabakforschung, die die Patienten bei ihren Klagen unterstützt.
„Wer rechnen und es sich leisten kann, zahlt die Therapie selbst. Denn wer seine Sucht besiegt, spart langfristig gesehen, tatsächlich viel Geld“, sagt Ratje.
Therapiekosten schrecken ab
Doch viele der auf rund acht Millionen geschätzten süchtigen Raucher in Deutschland werden durch die Kosten vom Entzug abgeschreckt
oder meinen, sich die Therapie nicht leisten zu können.
Ratje verweist in diesem Zusammenhang auf den hohen Anteil der Raucher unter Einkommensschwachen.
Viele hätten schon negative Erfahrungen mit gescheiterten Versuchen hinter sich und seien deshalb nicht bereit, die Kosten für einen weiteren Versuch selbst zu tragen.
Nach Ratjes Angaben versuchen rund 200.000 süchtige Raucher jährlich in Deutschland mit dem Rauchen aufzuhören.
Die Kurse zur Rauchentwöhnung, die auch Ratje anbietet, sind nach seinen Erfahrungen für diese Zielgruppe ungeeignet.
„Dafür sind individuelle Entwöhnung und Verhaltenstherapie erforderlich“, steht für ihn fest.
Diese Angebote kosten mindestens rund 700 Euro, für die Krankenkassen laut Leistungskatalog nicht
aufkommen – obwohl sie eine Menge Geld sparen könnten, wenn mehr Menschen mit dem Rauchen aufhören.
Denn für die Folgeerkrankungen wie etwa Herzkreislauf- und Lungenerkrankungen müssen die Kassen aufwendige Therapien bezahlen.
„Für die Krankenkassen hätte sich die Kostenübernahme bei einer erfolgreichen Entwöhnung schon nach kurzer Zeit amortisiert“, sagt Ratje.
„Wer als Kind zum Raucher wird, ist nicht dafür verantwortlich"
Der Allgemeinmediziner, selbst konsequenter Nichtraucher, hat in den vergangenen Jahren eine zunehmende Stigmatisierung der Raucher beobachtet.
„Die Nichtraucherschutzgesetze waren richtig. Aber es geht zu weit, Raucher auf Bahnsteigen in ein gelbes Quadrat zu stellen“, nennt er als Beispiel.
Auch die gängige Meinung, Raucher seien selbst Schuld, greift für ihn zu kurz: „Wer als Kind zum Raucher wird, ist sicherlich nicht dafür verantwortlich.
Als Erwachsene sind solche Raucher längst süchtig und nicht mehr in der Lage, ohne professionelle Hilfe aufzuhören“, sagt Ratje.
Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Bemühungen um Therapien für Patienten mit anderen Suchterkrankungen.
Für Raucher gebe es nichts Vergleichbares, weil die Kosten dafür nicht übernommen werden.
Vom Vorstoß seiner Patienten vor Gericht verspricht sich Ratje eine höhere Sensibilisierung für das Problem bei Politikern und Krankenkassen.
„Ich glaube, dass sich viele nicht bewusst machen, was eine Nikotinsucht für die Betroffenen bedeutet.“
Bislang wurde eine Kostenübernahme auf breiter Front auch von Betroffenen nur punktuell gefordert. „Vielen Rauchern fehlt die Einsicht.
Sie fühlen sich nicht krank, das kommt erst mit den Folgeerkrankungen“, ist Ratjes Erfahrung.
Hinzu kommt die fehlende Lobby, während der Staat von den hohen Einnahmen aus der Tabaksteuer profitiert – zuletzt rund 14,4 Milliarden Euro im Jahr.
Damit lässt sich nach Ansicht Ratjes auch erklären, weshalb Deutschland im europäischen Vergleich wenig gegen die Nikotinsucht unternimmt
und etwa die höchste Dichte an Zigarettenautomaten weltweit aufweist.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP) hat sich dafür ausgesprochen, dass gesetzliche Kassen für
Medikamente zur Tabakentwöhnung zahlen.
Der „Berliner Zeitung“ sagte sie, Kassen hätten den größten Vorteil, wenn ein Versicherter mit dem Rauchen aufhört.
Der GKV-Spitzenverband stellte klar, dass die Kassen auf ein Angebotsmix aus psychologischer Beratung, Bewegung und Ernährung setzten.
Arzneimittel oder Nikotinpflaster gehörten dagegen nicht in ein solches Konzept.
Wenn der Gesetzgeber wolle, dass die Kassen Medikamente zur Tabakentwöhnung zahlen, müsse er das Gesetzändern.
Bislang sei die Kostenübernahme für solche Medikamente nach Paragraf 34 Absatz 1 Satz 8 SGB V verboten.
publiziert am: 8.1.2013 10:00 Autor: Dirk Schnack Quelle: Ärzte Zeitung
Na gut, ist ok, aber eigentlich sollten sie alle hierhin kommen, dann werden sie das rauchen auch los
Marlis was macht der Husten????