Liebe Leute,
Vielen Dank für die Glückwünsche, ja es ist kaum zu glauben, wenn man mich so anschaut: Erst in der sechsten Woche.
Ab und zu zwickt's ein bisschen, das wird jetzt vielleicht wieder mehr werden, aber sonst geht's mir gut hier. Ich meld mich, falls es Probleme gibt.
Weiterhin wild entschlossen, mit Euch einmal meinen Fünfziger zu begehen, lasse ich erst mal eine der versprochenen Geschichten hier, die mittlerweile schon über zehn Jährchen alt sind. Viel Spaß und einen schönen Sonntag zu wünschen, ich geh jetzt mal Herbstwetter genießen da draußen.
Alles Liebe,
Robert
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Noch sieben Hüte bis zur Donauinsel!
Wenn ich im Wartezimmer vom Zahnarzt ein lustiges Liedchen summe, wenn ich dann fröhlich feixend auf seinen Stuhl hopse, dann pflegt er zu sagen: "Ah, kauft deine Frau wieder alleine ein neues Kleid ein?" Dann nicke ich eifrig, und freue mich auf die anstehende Wurzelbehandlung. Eine gute Ausrede ist ja echt was wert.
Doch neulich, da rief mich Eva an: "Noch sieben Proben bis zum Auftritt von unserem Chor auf der Donauinsel, und ich hab keinen schwarzen Hut. Wenn wieder so viel Sonne ist, brauche ich unbedingt einen schwarzen Hut, weil was anderes dürfen wir laut Chorleiter nicht tragen. Ich hol dich von der Arbeit ab, und wir gehen dann einkaufen. Bis dann, Pfiati." -Und hatte schon wieder aufgelegt.
"..."
Ein Königreich für einen Eiterherd!
Na gut, andererseits ist ein Hut im Vergleich zu einem Kleid ja harmlos. Den setzt man auf, und wenn er passt, geht man zur Kassa. Mit Kleidern ist das was anderes. Zuerst einmal versucht die Probandin immer ein 36er, nur um dann festzustellen, daß dies aber ein eng geschnittenes 36er ist. Dazwischen liegt aber schon ein halbstündiger Aufenthalt in der Umkleidekabine, in die dann der in sicherer Entfernung bei seinen Leidensgenossen wartende Gespons gerufen wird. "Kannst du mir gschwind einmal den Reißverschluß zumachen?" Gesenkten Hauptes trottet der Gerufene dann zu den Kabinen, und versucht, erst einmal den richtigen Vorhang zu erraten. Einziges Hilfsmittel: Ein fröhlich gerufenes
"Hier bin ich!"
Einmal habe ich, nachdem ich nach zähem Ringen einigermaßen erfolgreich den Reißverschluß zubekommen hatte, festgestellt, daß es zwar ein (eng geschnittenes) 36er war, die Dame aber die falsche. Da tippte mir auch schon ihr grinsender Mann auf die Schulter: "Danke! Aber jetzt solltest wirklich zu der deinigen gehn. Die schaut da drüben schon ganz bös rüber."
Nein, liebe Leute, all das bleibt einem erspart. Es gibt keine 36er Hüte. Da bin ich ganz sicher.
Frohen Mutes betrat ich also mit Eva das Modegeschäft, und noch ehe ich nach einem schwarzen Hut spähen konnte, war ich schon beladen: Drei Hüte links, drei rechts. Ich kontrollierte die Farben. Kaminrot, Hellblau, Frühlingsgelb, Ockerlila, Punkpink und Schweinsgrün. Fast. Immerhin hatte der in Punkpink ein schwarzes Band. Ob Chorleiter Georg das gelten lassen würde?
Was ist aus schwarz geworden?
Flehentlich sah ich mich um. Und da, ganz in der Nähe, da lag er: Unschuldig, unscheinbar und unverkennbar schwarz. Sollte ich ihn einfach zu den anderen schummeln, und dann vielleicht gleich mit allen sieben auf einen Streich zur Kassa flüchten? Doch kaum hatte ich den schwarzen Hut zwischen meinen Zähnen, da riss mich Eva aus meinem Fluchtplan: "Komm, gehen wir zur Garderobe."
Wie bitte? Was bitte? Wozu braucht Euereins eine Garderobe zum Hutprobieren? Was verbergt Ihr da nur wieder für ein Geheimnis?
Da, gleich einen Meter weiter, ist doch ein Spiegel! Was ist kaputt an dem?
Als ich mich ergeben in die Reihe der wartenden Männer einreihte, nahm Eva den ersten Hut zur Anprobe mit -den schwarzen. Ich
frohlockte innerlich. Wie geschickt ich ihr den doch gleich hingehalten habe. Unter den wartenden Leidensgenossen entdeckte ich ein neues Gesicht. Ein junger Mann hielt frohgemut ein Brautkleid am Arm.
"Wieso geht ihre Frau mit einem Hut in die Umkleide?"
Bemitleidenswert, der gute Bursch.
Eine viertel Stunde später -wir spielten gerade 'Wer mehr Hüte auf der Nase balancieren kann'- rief mich mein Mäuselchen zu sich in die Umkleidekabine. Ausnahmsweise auf Anhieb erwischte ich den richtigen Vorhang. Sie hatte den schwarzen Hut auf und drehte sich zu mir um. Da kam die gefährlichste aller weiblichen Wortwirrungen.
"Und? Wie schau ich aus?"
Unerfahrene Mannsbilder, die nicht ganz so routiniert sind wie ich, vernichten ihre Existenz an dieser Stelle automatisch selbst, indem sie Antworten wie "schön", "nett", oder gar "is a scho wurscht" geben. Aber nach jahrelangem Studium der weiblichen Psyche weiß ich, daß dies der Moment ist, wo Mann ums Überleben balzen muß, wie ein Auerochs vorm Aussterben.
"Welch gewaltige Pracht! Daß Schönheit so groß sein kann! Sag, bist du das unter dem Hut, oh Meinige? Ich sag dir, die Top-Five Models aller Zeiten könnten sich hinter dir verstecken, sogar nebeneinander! Ach, was rede ich! Wenn sie sich bis aufs Hoserl ausziehen und mit Dreiradlern hinter dir im Kreis fahren würden, sie könnten nicht einen Blick auf sich ziehen!
Glaub mir, augenblicklich verlieben möcht ich mich in dich, tät ich dich nicht schon kennen!
Der Hut bringt dich zur Geltung vom Schopf bis zu den Fußerln, die bei dir grad so sind wie bei der Miss Universum, nämlich eins links und eins rechts!
Lass mich dir schnell diese kleidsame Krempe kaufen, schau, da vorn ist die Kassa. Schnell, sonst kommt es vielleicht noch zu einer spontanen Geschäftsauflösung, und wir sind hutlos angeschmiert!"
Geschmeichelt drehte sich Eva wieder zum Spiegel.
Na bitte. Stell dich hinten an, Casanova.
"Nein, doch nicht.", sprach Eva nach kurzer Überprüfung im Spiegel und legte den schwarzen Hut achtlos zur Seite.
Oh, Frauen dieser Welt! Kann mir nicht eine von Euch einmal erklären, wieso Ihr das macht? Mann flötet, Mann tönt, Mann macht alles richtig, und dann ist es frisch falsch.
Etwa eine halbe Stunde später war jedes Exemplar mindestens einmal abgelehnt worden, um dann doch wieder in die Auswahl zu gelangen. Endlich verließen wir das Geschäft: Mit dem schwarzen Hut und einem weißen. Was soll man sagen.
Und ich? Ich hab noch immer keine Ahnung, was ich aufsetzen soll, wenn es auf der Donauinsel heiß wird.
Am Abend notierte ich mir in mein Notizbuch unter der Überschrift Donauinsel: Kopfbedeckung.