Hallo meine beiden lieben Begleiterinnen,
ich bin gerade ganz baff über Mickies Beiträge über die Suchtverlagerung und übers Dampfen. Ich fange mal mit dem Dampfen an. Wenn mich heute jemand fragt, ob ich einen Tipp habe, wie man am besten mit den Rauchen aufhört, dann würde ich sagen: "Steck Dir die nächste Zigarette nicht an. Beiße Dich da durch. Du wirst nicht sterben, sondern kann es jeder Mensch schaffen." Würde man mich dann fragen, ob ich die E-Ziggi für ein gutes Mittel zum Ausstieg halte, dann würde ich sagen, dass es garantiert nicht meine erste Wahl ist. Von mir aus würde ich das auch keinem empfehlen.
Mittlerweile weiß ich ne ganze Menge über Sucht, durch die Alkoholabstinenz. Damals war es bei mir so, dass ich die Entscheidung getroffen habe, wann ich aufhöre. Und das habe ich dann gemacht. Ich habe mich nicht "runtergesoffen", um den Pegel immer weiter herabzusetzen, sondern ich bin durch den kalten Entzug gegangen. Anders wäre es bei mir auch nicht möglich gewesen.
Den Weg über das Dampfen habe ich aus zwei wesentlichen Gründen gewählt: Zum Einen weiß ich, dass ich das Nikotin nicht einfach so absetzen kann. Dann bricht die emotionale Hölle los und ich bin nicht bereit, diese auszuhalten. Ich weiß aus unzähligen Versuchen, dass ich das nicht packe. Der zweite Grund ist, dass ich in das NMR reinwachsen will. Das gelingt mir auch ganz gut, denn für mich fühlt sich die ganze Thematik schon wesentlich anders an, als vor 40 Tagen. Diese Hals-Über-Kopf-Methode, die ich ansonsten für gut und richtig halte, hätte mir genau diese Möglichkeit genommen. Und ich denke, das ist auch ein Teil davon, dass dann immer die Hölle losbrach, also nicht nur das Nikotin. So kann ich jetzt reinwachsen und kann Stück für Stück mit meinen Gefühlen zurecht kommen lernen. Das Ganze findet nun dosiert statt, und das ist etwas, was ich sehr gut aushalten kann. Ok, manchmal ist es wirklich ein Geduldsspiel, aber ich komme damit zurecht.
Die Geduld ist etwas, worüber ich glaube, dass sie für die meisten Aufhörer eher ein Stolperstein ist. Das Dampfen ist nicht so ungesund, wie das Rauchen. Ich habe schon Zig Menschen erlebt, die sich dann sagen: "Warum soll ich mich mit dem Aufhören quälen, es geht doch so auch super?!". Mir geht es aber darum, aus der Sucht auszusteigen, dessen bin ich mir bewusst. Daher laufe ich nicht in diese Falle. Ich bin jetzt auch noch kein Nichtraucher, da ich ja noch Nikotin zu mir nehme. Anders würde ich das sehen, wenn ich mit Pflastern aufgehört hätte. Da wäre dann auch noch das Nikotin da, aber die Handlung wäre weg.
Für mich ist es so, dass ich die Dampfe als Aufhörwerkzeug sehe. Ich bin seit heute Morgen auf 3mg Nikotin und komme gut zurecht. Ich freue mich auch auf den Tag, an dem ich kein Nikotin mehr drinnen habe. Es sind jetzt noch drei Reduktionsschritte und ich bin am überlegen, ob ich nicht zum Schluss ein bisschen schneller werde. Ich fahre am 11.8. in den Urlaub und ich wäre bis dahin gerne schon mehr als 24 Stunden nikotinfrei. Da muss ich noch drauf herumdenken.
Meine neue Dampfe dampft extrem viel. Ich muss an dem Teil auch anders ziehen, als ich das vorher gemacht habe. Irgendwie hat das automatisch dazu geführt, dass ich nicht mehr dieses Dauernuckeln habe, sondern immer mal wieder dran ziehe. Der Verbrauch hat sich aber nicht minimiert, denn das Gerät säuft das Liquid echt ganz schön weg. Ich brauche in etwa die selbe Menge, wie vorher auch.
Bei der Suchtverlagerung denke ich mir, dass ich vermutlich noch eine gewisse Weile auf der Dampfe ohne Nikotin hängen bleibe. Ich mache mir zumindest nicht den Druck, das nicht zu dürfen. Aber auch das ist für mich eine vorübergehende Krücke, denn ich bin mir sehr sicher, dass ich auch das ablegen kann. Ansonsten bin ich eigentlich sehr aufmerksam, was süchtiges Verhalten betrifft. Ich will ganz sicher nicht das Eine mit dem Anderen ersetzen, denn dann ist es ja keine Weiterentwicklung, wie ich sie verstehe und wie ich sie von mir erwarte. Aber langsam soll gestattet sein. Sicherlich bin ich dabei auch nicht päpstlicher, als der Papst. Ich möchte nicht in jeder Tasse Kaffee eine Suchtgefahr sehen, weil Koffein ja auch abhängig machen kann. Das muss ich einfach auch dazu sagen, weil es für mich sonst auch in eine Art der Exzessivität geht. Exzessive Abstinenz. Das ist kein Witz jetzt, ich meine das ernst. Für mich scheint mir der richtige Weg in der Mitte zu liegen. Auf der einen Seite muss ich darauf achten, dass ich nicht zu streng mit mir bin und mich nicht so unter Druck setze, zum Anderen sollte ich aber, so schnell es mir möglich ist, die Dampfe ganz beiseite legen, damit sich das nicht zum Problem auswächst. Dabei liegt die Betonung aber auf den Worten "so schnell es
mir möglich ist".
Bei dem Thema Trauer meinte ich gestern schon eine Gruppe, die sich auf die Trauerarbeit konzentriert. Ich bin da in keiner speziellen Selbsthilfegruppe, sondern in einem Forum. Ich habe da allerdings noch nicht einen einzigen Beitrag geschrieben und ich lese dort auch nicht mit, weil ich es einfach nicht kann. Hin und wieder kommen Momente auf, in denen ich diese Geschichte mitteilen kann. Das tut dann auch ganz gut, aber danach muss ich mich erst mal wieder erden, und mitunter dauert es Stunden, bis ich da wieder raus komme.
Gefühle benennen:
Als ich meine Analyse angefangen habe, da konnte ich auch nicht sagen, wie das Gefühl heißt, was ich gerade habe. Ich habe es dann so gemacht, dass ich Musik mitgenommen habe. Wir haben uns dann ein Lied zusammen angehört und meine Therapeutin hat mir erzählt, wie die Gefühle heißen, die das bei ihr weckt, oder die sie glaubt bei mir zu erkennen. Ich bin mir vorgekommen, als müsste ich die deutsche Sprache neu lernen, wie ein kleines Kind. Klar, ich habe ja auch als kleines Kind nichts in dieser Art lernen können. Dann kommt noch hinzu, dass ich nie Wut empfinden konnte. Das war so dermaßen weggedrückt, dass es mehrere Jahre gedauert hat, bis ich mal sauer wurde. Ich höre meine Therapeutin noch sagen: "Endlich werden Sie mal sauer!" Es ist auch heute noch so, dass es manchmal ne ganze Weile dauert, bis ich wütend werde, nachdem etwas vorgefallen ist. Aber das macht nichts, denn immerhin geht es und immerhin kann ich das dann auch deutlich sagen, ziemlich deutlich...
Einen Abschiedsbrief an die Zigarette könnte ich wohl nicht gut schreiben. Ich wüsste gar nicht, was ich da reinschreiben sollte. Da hätte ich irgendwie eine Blockade, was mir allerdings auch wieder zeigt, dass es sich lohnt, da besonders gut hinzuschauen, denn so eine Blockade hat ja immer einen Grund, zumindest bei mir. Ich denke mal weiter darüber nach.
Nun ist es aber echt sehr spät geworden. Deshalb gehe ich jetzt ins Bett und freue mich, dass ich mit den 3mg gut zurecht komme. Ich freue mich übrigens jedes Mal, wenn ich mir die Hände waschen gehe darüber, wie gut sich mein Tastsinn entwickelt hat.
Ach ja, da fällt mir was ein... Meine Stimme:
Dass sie "fertig" ist, habe ich daran bemerkt, dass sie jetzt nicht mehr von kratzig auf weich springt, sondern dauerhaft weich ist. Ok, ich habe ohnehin ein Reibeisen bekommen, sicherlich auch durch das Trinken damals. Nach den ersten 10 Tagen ohne Zigaretten merkte ich, dass die Stimme fast immer so ist, wie sie die ganzen Raucherjahre über war, und nur manchmal ist sie ins Weiche gehüpft. Dann wurde das immer häufiger weicher und nur noch selten rauchig, und nun springt sie gar nicht mehr, sondern ist immer weich. Ich weiß nicht, ob Du jetzt weißt, was ich meine. Jetzt ist sie konstant weich und konstant instabil. Ich kann nicht mehr schreiben jetzt. Macht aber auch nichts, das wird nur deutlich, wenn ich beim Fußball jubele, oder im Auto mitsingen will. Ersteres ist jetzt erst mal wieder für 2 Jahre erledigt.
Nachtiiii